Land-Kommunen

Freitag, 3. März 2006

Von Ratten und Drecksäcken - Arbeitskampf in Niedersachsen

...mal lesen, was DIE ZEIT so dazu schreibt!

Ratten und Drecksäcke, was will uns das sagen?

Nirgendwo wird der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst so erbittert geführt wie in Niedersachsen. Die Gewerkschaft mobilisiert alle Kräfte, die Arbeitgeber spielen auf Zeit.
(vom 02.03.2006, Nr.10/2006)

Arbeitszeiten im deutschen öffentlichen Dienst: Auf dem Weg zur Spitze in Europa?

Das Institut Arbeit und Technik (Gelsenkirchen) legt Zahlen zu tariflichen und tatsächlichen Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst vor. (PM vom 24.02.06)

Die Untersuchung kommt zum Ergebnis:

Vollzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst arbeiten in Deutschland heute bereits länger als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen EU-Ländern. Würden die tarifvertraglichen Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst weiter verlängert, wäre damit zu rechnen, dass Deutschland bei den tatsächlichen Arbeitszeiten mit deutlich über 40 Wochenstunden an die Spitze der EU rücken würde.[...]
"Der Blick über die Grenzen kann hilfreich sein"[...]
Tarifvertragliche Arbeitszeiten von mehr als 40 Wochenstunden, wie von einem Teil der Bundesländer angestrebt, gibt es in keinem EU-Land mehr.[...]


Das Institut zieht die Schlußfolgerung:

Der IAT-Experte [Dr. Steffen Lehndorff] plädiert deshalb für eine realistische Bestandsaufnahme der Arbeitszeitrealitäten in der aktuellen Tarifauseinandersetzung: "Im deutschen öffentlichen Dienst sind bislang zwar längere Arbeitszeiten als in der Privatwirtschaft vereinbart worden, aber sie wurden dann verbindlicher eingehalten, so dass es im Schnitt ungefähr auf das Gleiche hinauslief. Wenn es jetzt im öffentlichen Dienst zu tariflichen Arbeitszeitverlängerungen käme, würden diese unmittelbar auf die tatsächlichen Arbeitszeiten durchschlagen. Dieser Effekt ist heute bereits z.B. bei den neu abgeschlossenen und befristeten Arbeitsverträgen in den Ländern zu beobachten.

IAT Pressemitteilung vom 24.02.2006

Hamburger Einigung innovativ?

In Hamburgs öffentlichem Dienst wurde der Streik beendet (obwohl mit 42% weniger als die Hälfte der Streikenden dem Ergebnis zugestimmt hat), "die wöchentliche Arbeitszeit hängt künftig vom Alter, von der Kinderzahl und dem Einkommen ab. tagesschau.de sprach darüber mit Reinhard Bispinck, Tarifexperte der Hans-Böckler-Stiftung."

In dem Interview bezeichnete Bispinck als das wesentliche Ergebnis, "dass die Arbeitszeit für alle Beschäftigten im Schnitt nicht wesentlich ausgeweitet wird. Nach den vorliegenden Berechnungen liegt die durchschnittliche Arbeitszeit in Hamburg künftig erkennbar unter 39 Stunden, und das ist deutlich weniger als die 40 Stunden, die die Arbeitgeber gefordert haben.
[...] Für mich ist innovativ, dass man bei der Arbeitszeit nach der Familiensituation differenziert. Beschäftigte mit Kindern haben grundsätzlich eine kürzere Arbeitszeit als Beschäftigte ohne Kinder.
[...] Beschäftigte mit den höchsten Einkommen müssen länger arbeiten und kommen dann auf 40 Stunden - wenn sie keine Kinder haben. [...] Beschäftigte in den unteren Lohngruppen bis zum 50. Lebensjahr arbeiten 39 Stunden, ab dem 50. Lebensjahr 38 Stunden. Bei den oberen Gehaltsgruppen gibt es eine ähnliche Staffelung, allerdings ist hier die Altersgrenze auf 54 bzw. 55 Jahre angehoben worden."


Der Hamburger Abschluß ist bisher offenbar kein Modell für andere Branchen oder Bundesländer, im Süden wird der Streik sogar ausgeweitet. Die Arbeitszeit ist in Hamburg verlängert worden, auch wenn Bispinck die Ausweitung als "nicht wesentlich" beschreibt, das haben die Arbeitgeber zuvor auch gesagt. Eine wesentliche Frage ist aber, ob mit diesem Abschluß den älteren Kollegen ein Gefallen getan worden ist oder deren Position nicht letztlich geschwächt wurde. Denn nun ist es billiger jüngere Angestellte zu beschäftigen, die älteren Kollegen arbeiten schließlich für das gleiche Geld weniger.

Montag, 27. Februar 2006

Annäherung im im Öffentlichen Dienst?

Wie tagesschau.de berichtet, seien "erste konstruktive Gespräche geführt" worden:
"Beide Seiten streben nun eine Paketlösung an. Es solle ein Gesamtpaket mit den Komponenten Arbeitszeit, Auszubildendenquote und Übernahme von Auszubildenden geschnürt werden. "Es geht darum, mit der Verlängerung der Wochenarbeitszeit Spielraum zu schaffen", so Widder. So ist unter anderem eine gestaffelte Verlängerung der Wochenarbeitszeit im Gespräch. Demnach würden Jüngere länger, Ältere kürzer arbeiten. Oberstes Ziel sei es aber nach wie vor, so Ver.di-Verhandlungsführer Alfred Wohlfahrt, die Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden bei zu behalten und so den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern."

Mittwoch, 22. Februar 2006

Kampagne gegen den Streik

Bernd Riexinger, verdi-Geschäftsführer im Bezirk Stuttgart-Ludwigsburg und Mitglied der Streikleitung BaWü, äußerte sich in junge Welt zu einer Anzeige gegen ihn. Angezeigt wurde er von einem Vater weger der Arbeitsniederlegung. Durch diese konnte seine Tochter nicht operiert werden. Laut Riexinger legte der für die OP, bei der es sich nicht um einen Notfall handelte, zuständige Professor den Termin "bewußt" auf einen Streiktag.
BILD sprang auf den Zug auf und griff die Story groß auf, noch bevor die Anzeige gestellt wurde. Andere Medien folgten, um damit den Streik zu diskreditieren.

Äußerst kritisch äußerte sich der verdi-Funktionär über die Berichterstattung der meisten Medien, die versuchen würden, die BürgerInnen gegen die am Streik beteiligten auszuspielen.

Montag, 20. Februar 2006

CDU und CSU lehnen Kompromisse ab

Zwei Wochen dauert der Streik im Öffentlichen Dienst nun schon an, heute verhandeln beide Seiten wieder. Eine Einigung ist allerdings nicht in Sicht, die Landesminister von CDU und CSU lehnen Kompromisse ab und hoffen, dass die Streikkasse bald leer ist, wie Spiegel-Online berichtet:

"Wir haben einen langen Atem", sagte der bayrische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) der "Bild"-Zeitung. "Solange sich Ver.di nicht bei der Arbeitszeit bewegt, sehe ich überhaupt keine Kompromissmöglichkeiten."
Sein baden-württembergischer Amtskollege Gerhard Stratthaus (CDU) betonte: "Mehr Geld für längere Arbeitszeiten - das darf es nicht geben." Es sei einem jungen gesunden Menschen zuzumuten, dass er "ein paar Minuten länger am Tag arbeitet". Vor dem heutigen Spitzengespräch verschärfen die Unionsländer so die Tonart im Arbeitskampf des Öffentlichen Dienstes
Der Streik hat Ver.di nach Informationen der "Bild" bis zum Wochenende bereits rund elf Millionen Euro gekostet.
[...]
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) äußerte ähnlich wie andere Vertreter von Landesregierungen Unverständnis für die Streiks. "Wer glaubt, über eine Verringerung der Arbeitszeit dauerhaft mehr Beschäftigung erreichen zu können, wird dauerhaft keinen Erfolg haben", sagte Koch am Wochenende in Frankfurt am Main.
[...]
Auch die Gewerkschaft stellt sich nach Angaben von Bothner bundesweit auf einen langen Arbeitskampf ein. Die Streikenden seien hoch motiviert, "da steckt richtig Unmut und Wut mit drin".

Samstag, 18. Februar 2006

Streik in Hessen: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Momentan ist es in Hessen "ruhig", der öffentliche Dienst wird noch nicht bestreikt, doch das muss nicht so bleiben, wie in der Frankfurter Neuen Presse zu lesen ist:
«Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, wir sind vorbereitet», sagte Landesbezirksleiter Jürgen Bothner in einem dpa-Gespräch. «Es kann auch einen Arbeitskampf in Hessen geben, im Moment sind wir ein Stück weit zur Untätigkeit verdammt.» Es sei nicht einfach, «dazusitzen und zuzusehen, wie die Kollegen in anderen Ländern Weichen Stellen». Es gebe aber bereits Überlegungen und eine Arbeitskampfleitung für Hessen.

Freitag, 17. Februar 2006

Massiver Polizeieinsatz für Streikbrecher in Osnabrück

Bei indymedia berichtet Richard Grove in einem Beitrag "Euro-Jobber als Streikbrecher gegen VERDI" über Hartz-IV-Empfänger als 1-Euro-Streikbrecher:

"Unter massivem Polizeieinsatz gegen Verdi-Streikposten eingesetzt. Stadt Osnabrück droht: "Wenn ihr nicht als Streikbrecher ordentlich arbeitet, melden wir das dem Arbeitsamt." Osnabrücker Geschäfte belohnen Streikbrecher mit Warengutscheinen.
Gegen den Streik im Dienstleistungsgewerbe werden jetzt 1-Euro-Jobber als Streikbrecher eingesetzt. In der niedersächsischen Stadt Osnabrück müssen Hartz-IV-Empfänger auf Druck des öffentlichen Arbeitgebers die städtischen Müllwagen fahren. Zu Wochenbeginn musste dies durch einen massiven Polizeieinsatz gegen die Streikenden durchgesetzt werden.

Die Polizei machte den gepressten Streikbrechern den Weg zur Osnabrücker Abfallsammelstelle frei, in dem sie brutal gegen die Verdi-Streikposten vorging, die das Werkstor mit Müllwagen und einer Menschenkette blockierten. Dabei verdrehte die Polizei Gewerkschaftern Gelenke und Köpfe, Megafone wurden beschlagnahmt. Gegen eine Streikposten erstatteten die Beamten Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dem Osnabrücker Verdi-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Humer drohte die Polizei mit "Schutzhaft". Auf einer Protestkundgebungerinnerten Gewerkschafter in Redebeiträgen daran, dass ein derartiger Polizeieinsatz gegen organisierte Arbeiter in Osnabrück zuletzt anläßlich der Machtergreifung der Nazis stattfand."
(s.a. Hinweis von Mo)


Angesichts dieser Ereignisse frage ich mich, warum gibt es in Deutschland eigentlich ein demokratisches Streikrecht, das mit vielen Reglementierungen versehen ist, so dass es einige Hürden zu überwinden gilt, um überhaupt einen Streik "gesetzlich erlaubt" durchführen zu können? Der jetzige Streik mag für einige ein Aergernis sein, doch bedroht er die sogenannte öffentliche Sicherheit in keinster Weise, so dass selbst die Streikgegner einen Polizeieinsatz für Streikbrecher damit nicht legitimieren können. Besonders perfide ist es, dass dem Streikrecht ein hohes Lied immer dann gesungen wird, wenn es gilt, andere Länder als undemokratische Regime zu brandmarken, wie aktuell z.B. China oder früher Polen. Wenn aber von dem demokratischen Grundrecht im eigenen Land Gebrauch gemacht wird, dann wird Zeter und Mordio geschrien, dass so etwas ja wohl in Deutschland nicht angehen kann und schon gar nicht, wenn es einem nicht in seinen politischen Kramladen passt. Da müssen wohl noch einige Nachhilfestunden in Sachen Demokratie nehmen.

Dienstag, 14. Februar 2006

Haben Sie Verständnis für die Streiks?

fragt der WDR auf seiner Wirtschaftsseite in einer Online-Umfrage. Auch wenn ich diese Online-Umfragen fuer eine Spielerei mit wenig Aussagekraft halte, ist es immerhin unterhaltsam zu sehen, wie dort abgestimmt wird. Als ich eben abgestimmt habe, sah das Zwischenergebnis so aus:
Ja, vollkommen richtig = 82.7%
Nein, der Streik ist unnötig = 17.3%
(von wieviel TeilnehmerInnen stand da leider nicht)
[via 37sechsblog.de]

Keine Spielerei ist der Streik im Öffentlichen Dienst fuer die Beschäftigten in neun Bundesländern, die auch heute ihren Arbeitskampf fortsetzen. Einen Vorschlag zur Lösung des Konflikts machte Hannovers Oberbürgermeister Schmalstieg, er empfiehlt den kommunalen Arbeitgebern, ihre Beschäftigten durch Jobgarantien zum Lohnverzicht zu bewegen. Dabei heisst es doch immer aus bestimmten Kreisen, die Jobs im Öffentlichen Dienst seien schon jetzt sicher, weswegen Lohnverzicht der Beschäftigten gerechtfertigt sei.

"Im Gegenzug zum Lohnverzicht könnten die kommunalen Arbeitgeber Beschäftigungsgarantien geben, sagte der SPD-Politiker der «Neuen Presse». Dieses Modell hatten die Stadt Hannover und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Jahr 2004 ausgehandelt.
Außerdem verzichtet die niedersächsische Landeshauptstadt bis 2010 auf die Privatisierung öffentlicher Betriebe. Die Beschäftigten beteiligen sich überdies mit zwei Prozent des Bruttolohns an der üblichen zusätzlichen Altersversorgung. Schmalstieg zufolge helfe die Verabredung der Stadt, pro Jahr sechs Millionen Euro einzusparen. «Ich kann unseren Vertrag nur wärmstens zur Nachahmung empfehlen», sagte der Oberbürgermeister."
(netzeitung.de)

Montag, 13. Februar 2006

"Zwei Drittel der Republik werden bestreikt"

titelt heute das Handelsblatt und schreibt:
"Der Streik im öffentlichen Dienst springt auf immer mehr Bundesländer über. Nun sind schon neun betroffen. Eine Lösung ist in weiter Ferne. So quellen die Mülltonnen über und auch die Patienten in den Krankenhäusern bekommen nun erstmals den Arbeitskampf zu spüren.
[...]
In Baden-Württemberg rollte die zweite Streikwelle an. Erstmals traten die Beschäftigten der Kommunen und des Landes gemeinsam gegen längere Arbeitszeiten in den Ausstand. Den Anfang machte die Autobahnmeisterei in Walldorf im Rhein-Neckar-Kreis. Mitarbeiter von Universitäten, darunter der beiden Stuttgarter Hochschulen, sollten folgen. Nach wie vor streikte auch die Müllabfuhr in den großen Städten. In Stuttgart ist eine gemeinsame Kundgebung geplant.
[...]
Gestreikt werde in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland."


Dass es dabei um mehr geht, als um 18 Minuten, darueber schreibt das Handelsblatt in einem anderen Beitrag:
"Die öffentlichen Arbeitgeber hatten Verdi vorgeworfen, wegen nur 18 Minuten Mehrarbeit am Tag den größten Streik in der Bundesrepublik seit Jahren vom Zaun zu brechen. Doch es geht um mehr: Die Gewerkschaften haben Angst vor Stellenstreichungen. Die Arbeitgeber leugnen ihre Absichten gar nicht mal."

In einem Interview mit der Wochenzeitung Freitag hat zuvor schon "Bernd Riexinger, Verdi-Geschäftsführer in Stuttgart, erklärt, warum der Streik im öffentlichen Dienst nicht nur Protest gegen längere Arbeitszeiten ist".
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